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Mai 20

Asyl: Wohnungen statt Flüchtlingsheime in Klein Borstel

So sollen die neuen Häuser aussehen. Noch stehen dort Flüchtlingsunterkünfte. Foto: Renner, Hainke, Wirth, Zirn Architekten

In Klein Borstel gibt es neue Diskussionen über eine Grünfläche, die eigentlich nie bebaut werden sollte.

Hamburg.  Als die Eigen­tümer 2011 und 2012 ihre Häuser in einem Neubau in Klein Borstel bezogen, schien die Lage eindeutig. Hier die neue Siedlung, dort der frühere Anzuchtgarten des Ohlsdorfer Friedhofs, der, so war es den Nachbarn zugesagt worden, unbebaut bleiben sollte. Sie freuten sich über das viele Grün und dachten wirklich, dass das immer so bleiben würde.

Blieb es aber nicht: Als 2015 die Flüchtlingskrise in Hamburg ihren Höhepunkt erreichte und dringend Grundstücke für Unterkünfte gesucht wurden, fiel der Blick der Stadt auch auf die Grünfläche in Klein Borstel. Hamburg wollte dort erst Unterkünfte für 700 Flüchtlinge schaffen, nach Protesten der Anwohner wurden Gebäude für 450 Menschen, hauptsächlich Familien, gebaut. Und von der Stadt gab es die Zusage, dass das alles eine befristete Lösung sei.

Engagierte Bewohner

Was wichtig war, denn Klein Bors­tel mit seinen aktiven und engagierten Bewohnern war damals einer der Ausgangspunkte für die Initiative „Hamburg für gute Integration“. Die einigte sich mit der Stadt schließlich auf verschiedene Bürgerverträge – der für Klein Borstel sah vor, dass die Container für die Geflüchteten nach fünf Jahren wieder abgebaut werden und dort eine neue, kleine Siedlung entstehen soll. Und genau darum gibt es jetzt die nächsten Diskussionen.

Ein erster Entwurf sieht für die 1,8 Hektar große Fläche nämlich 100 Wohneinheiten in drei Baufeldern vor. Viel zu viel, finden Bewohner und Mitglieder des Vereins „Lebenswertes Klein Borstel“. „Eine solche Größe sprengt die Festlegungen des Bürgervertrags“, sagt Thomas Mickeleit, Mitglied des Vorstands. Er und seine Mitstreiter hätten eine Flächenberechnung angestellt und seien zu dem Schluss gekommen, dass dort, wolle man sich an die Vorgaben halten, eigentlich nur 44 Einheiten entstehen dürften. Eine Umfrage im Viertel habe ergeben, dass maximal 60 Wohnungen akzeptiert werden würden. „Aber eben nicht 100.“ Hintergrund sei vor allem der zunehmende Autoverkehr, der den Anwohnern Sorge bereite.

Häuser werden zweigeschossig

Den Entwurf für das neue Baugebiet hat das Büro Renner Hainke Wirth Zirn Architekten erstellt. Es sollen Reihenhäuser, sieben größere Gebäude für Wohnungen und ein kleiner Gewerbebau entstehen. Die Häuser werden zweigeschossig, zum Teil mit Staffelgeschossen. „Wir haben uns mit unserem Entwurf bewusst an der bereits vorhandenen Bebauung orientiert, um den Anwohnern das Signal zu geben, dass wir ihre Bedenken verstanden haben“, sagt Stefan Wirth, einer der vier Partner des Architekturbüros.

Er rechnet weiterhin mit vielen Reaktionen aus der Nachbarschaft, „Ich hoffe aber, dass bis zum Baubeginn alle Zweifel der Anwohner ausgeräumt sein werden.“ Zumal er die Lage als planender Architekt weniger kritisch als die Bewohner bewertet: „Wir leben in einer wachsenden Stadt. Da muss man damit leben können, dass auf einem leeren Nachbargrundstück noch mal Häuser gebaut werden.“

Bezirksamt versucht, den Ärger zu schlichten

Auch, wenn es ursprünglich einmal geheißen hatte, dass das Gelände so bleiben soll, wie es ist? „Wer damit nicht leben kann, darf nicht in einer wachsenden Millionenstadt in einem Neubau wohnen“, so Wirth. „Und ich bin mir sicher: Wenn die Häuser hier erst einmal stehen, werden auch die heute kritischen Nachbarn sehen, dass die Quartierserweiterung guttut.“

Das Bezirksamt versucht, den neuen Ärger im Viertel zu schlichten: „Für den Siegerentwurf hat ein neunköpfiges Preisgericht einstimmig votiert. Es hat sich zusammengesetzt aus Stadtplanern, Architekten, Politikern und Anwohnervertretern“, sagt Bezirksamtssprecher Daniel Gritz. Der Entwurf sei aber nur die Grundlage für den Bebauungsplan. „Bis ein solcher Bebauungsplan beschlossen und öffentlich bekannt gemacht ist, durchläuft er einen Planungsprozess in mehreren Stufen.“

Mickeleit: „Kompromiss erzielen“

In diesem Zeitraum könnten auch Bürger und Anwohner sich beteiligen. „Dabei wird auf jede einzelne Kritik eingegangen.“ Am Ende erarbeite die Verwaltung, also das Bezirksamt, zu jedem Punkt ihrerseits eine Stellungnahme und schlage vor, wie damit umgegangen werden soll. „Abschließend entscheidet dann nach ausgiebiger Diskussion die Bezirksversammlung“, so Gritz.

„Wir müssen und wollen zusammen mit der Stadt einen Kompromiss erzielen“, sagt Mickeleit. Dem Verein „Lebenswertes Klein Borstel“ ginge es dabei vor allem ums eins: den Charakter des charmanten Viertels in seiner Form zu erhalten. „Uns ist schon klar, dass hier angesichts der angespannten Wohnungssituation gebaut werden muss. Aber es ist uns sehr wichtig, dass dieses familienfreundliche, grüne und verkehrsberuhigte Wohnen bewahrt wird.“ Dafür werde der Verein in den kommenden Monaten auch weiterkämpfen.

Quelle: Hamburger Abendblatt

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