«

»

Mai 10

Ellwangens Flüchtlinge demonstrieren gegen die Polizei

Die Bilder aus Ellwangen am 30. April haben deutschlandweit für Aufsehen gesorgt: Als die Polizei in die Flüchtlingsunterkunft einrückte, um den 23-jährigen Yussif O. zur Abschiebung abzuholen, verhinderten rund 150 Heimbewohner den Abtransport des Togoers. Um zu deeskalieren, hatte sich die kleine Polizeieinheit zurückgezogen und Yussif O. in der Flüchtlingsunterkunft zurückgelassen.

Die Aalener Polizei warf den Flüchtlingen anschließend vor, die Abschiebung des Togoers, der sich bereits mit Handschellen im Auto befunden haben soll, mit Gewalt verhindert zu haben. So hätten mehrere Heimbewohner mit ihren Fäusten auf die Dächer von zwei Streifenwagen geschlagen, wobei ein Fahrzeug beschädigt worden sei.

Doch gegen diese Darstellung wehren sich die Flüchtlinge nun mit einer Mahnwache und einer Demo, die ab 18 Uhr auf dem Marktplatz von Ellwangen stattfinden soll. „Unser Protest war bestimmt, aber zu jedem Zeitpunkt friedlich“, heißt es in einer Pressemitteilung der Flüchtlinge zur Demo, die von der Freiburger „Aktion Bleiberecht“ mitorganisiert wurde. Vorwürfe, jemand sei gegen die Polizei mit Gewalt vorgegangen, seien „falsch“ und hätten sich auch „nicht bestätigt“.

Ebenso falsch sei die Darstellung der Polizei, dass sich Yussif O. bereits im Polizeiauto befunden habe. „Der Togoer stand neben uns in Handschellen“, heißt es weiter in der Presseerklärung. Die Polizei habe während des Protests einem Security-Mitarbeiter der Landeserstaufnahmeeinrichtung die Schlüssel für die Handschellen gegeben und sich dann entfernt. Unwahr sei auch, dass Yussif O. „abtauchte“, wie anschließend behauptet worden sei, so die Erklärung.

„Wir sind sehr, sehr verärgert wegen der Behauptungen der Polizei“

„Wir sind sehr, sehr verärgert wegen dieser Behauptungen der Polizei, vor allem wegen der angeblichen Gewalt, denn das stimmt einfach nicht“, sagte Isaiah, ein 24-jähriger Flüchtling aus Nigeria, der an der Demonstration mit teilnimmt, FOCUS Online am Telefon.

Isaiah, der ebenfalls über Italien nach Deutschland kam und dessen Asylantrag im Gegensatz zu Yussif O. noch läuft, wehrt sich vor allem gegen die Darstellung der Polizei in Bezug auf die Razzia, die in der Nacht auf den 4. Mai in der Flüchtlingsunterkunft stattgefunden hatte. „Obwohl mein Verfahren noch läuft, hatte ich wie andere Mitbewohner große Angst, dass nun auch ich abgeschoben werden sollte“, sagte der 24-Jährige.

„Polizei ist den Beweis der Gewalt von Flüchtlingen schuldig“

Die Behauptung der Polizei, die Flüchtlinge hätten Gewalt gegen die Polizisten angewandt, sei schlicht „falsch“, so der Nigerianer. „In meinem Zimmer haben sie die Tür gegen fünf Uhr früh eingeschlagen. Sie kamen rein, haben mit Taschenlampen geleuchtet, wir mussten unsere Hände hinter den Kopf halten. Dann wurden die Hände hinter dem Rücken gefesselt.“

Fotos hätten von der Aktion kaum gemacht werden können, berichtet Isaiah weiter. „Das ging nicht, weil die Polizei uns die Handys sofort abgenommen hat – und auch Geld, das wir dabei hatten.“ Doch hätten die Flüchtlinge kein Problem, zu beweisen, dass die Polizei Gewalt gegen sie selbst angewandt hätte, sagt er: „Es reicht, sich die Verletzten anzusehen. Die Polizei hingegen ist den Beweis schuldig, dass wir Gewalt gegen sie angewandt hätten.“

„Polizeieinsatz politisch motiviert und inszeniert“

Behauptungen, die Flüchtlinge hätten Waffen und gefährliche Gegenstände in der Unterkunft, hätten sich als „haltlos“ erwiesen, heißt es in der Pressemitteilung weiter. „Wer auch immer diesen Polizeieinsatz zu verantworten hat – er war politisch motiviert und inszeniert.“

Quelle: Focus

Schreibe einen Kommentar

Close