«

»

Mai 15

Friedenspreis für Merkel – Lob für „unpopuläre“ Grenzöffnung

Zwei Päpste haben sie schon, ebenso der Dalai Lama und nun auch Angela Merkel: Die Bundeskanzlerin wurde in Italien mit der „Lampe des Friedens“ ausgezeichnet. Ausdrücklich gelobt wurde Merkels Flüchtlingspolitik.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat dazu aufgefordert, die Europäischen Union weiterzuentwickeln, um weltweit Konflikte besser zu bekämpfen. „Frieden gibt es nicht umsonst, Frieden verlangt Arbeit“, sagte Merkel im italienischen Assisi. Dort wurde sie mit der „Lampe des Friedens“ ausgezeichnet.

Verliehen wird der Preis vom Orden der Franziskaner, ausgezeichnet werden sollten Merkels europapolitische Verdienste. Der Preis würdige aber auch ihre Entscheidung, während der Flüchtlingskrise von 2015 die Grenzen zu öffnen, sagte der Kustos des Franziskanerkonvents von Assisi, Mauro Gambetti.

An der Zeremonie in der Basilika San Francesco in Umbrien nahm auch Merkels Ehemann Joachim Sauer teil. Die Laudatio hielt Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos. Er selbst war Ende 2016 für den Friedensvertrag zwischen der kolumbianischen Regierung und den Farc-Rebellen mit der Lampe des Friedens ausgezeichnet worden.

Merkel, die „ruhige Supermacht“

Merkel habe „mit richtigen, aber nicht immer populären Entscheidungen“ im Geist der Solidarität gehandelt, sagte Santos im Hinblick auf die Öffnung der Grenzen für syrische Flüchtlinge, die auf dem Höhepunkt der Krise aus der Türkei über Griechenland nach Deutschland strömten. Die Bundeskanzlerin handle im Bewusstsein, dass die Ausübung von Macht dazu dienen müsse, „im Geist der Solidarität und des Altruismus Chancen für die Schwächsten zu schaffen“, betonte Santos. Er bat Merkel anschließend um Unterstützung für den kolumbianischen Friedensprozess.

Auch Italiens scheidender Ministerpräsident Paolo Gentiloni fand in einem Grußwort lobende Worte für die Bundeskanzlerin. Merkel sei eine „ruhige Supermacht“, so der Italiener.

Unter Verweis auf den Weg der EU in den vergangenen Jahrzehnten mahnte Gentiloni, es gelte, die Errungenschaften zu verteidigen, und den Jugendlichen, die diese Entwicklung nicht persönlich miterlebt hätten, Antworten zu geben.

Merkel selbst fand in ihrer Dankesrede nicht nur versöhnliche Worte. Frieden zu schaffen sei die „vornehmste Aufgabe der Politik“, sagte die Bundeskanzlerin im Hinblick auf die Lage in Syrien, die russische Annexion der Krim und den US-Ausstieg aus dem Atomabkommen mit dem Iran. Die Annexion der Krim etwa nannte sie einen „tiefen Einschnitt“. Dass die europäische Integration ein Friedensprojekt sei, sei vielen heute nicht immer bewusst, hieß es weiter. Wenn man sich die wechselvolle Geschichte des Kontinents vor Augen halte, werde dies aber klar, betonte sie auch im Hinblick auf die Flüchtlingskrise.

Als Voraussetzung für die Lösung von Konflikten nannte die Bundeskanzlerin Akzeptanz von Vielfalt. Dafür sei Respekt erforderlich. „Den können wir nur gewinnen, wenn wir bereit sind, über den Tellerrand hinwegzuschauen“, mahnte die Kanzlerin.

Die Lampe des Friedens der Franziskaner wurde erstmals 1981 an den polnischen Gewerkschaftsführer Lech Walesa verliehen. Bei Besuchen in Assisi erhielten zudem die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. sowie Persönlichkeiten wie Mutter Teresa, der Dalai Lama, Palästinenserpräsident Jassir Arafat und der israelische Präsident Schimon Peres die Auszeichnung.

Merkel versprach ihren Laudatoren, den Preis auf ihrem Schreibtisch aufzustellen. Die Friedenslampe ist eine Nachbildung der gläsernen Öllampe, die beständig am Grab des heiligen Franz von Assisi(1181/82–1226) brennt.

Deutschland, für Flüchtlinge ein „komisches Land“

Im Anschluss an die Verleihung gab es noch eine Diskussion zwischen Merkel und Santos mit Franziskanernovizen und Jugendlichen aus aller Welt. Auch dort warnte die Bundeskanzlerin vor Populismus. „Lassen Sie sich nicht verführen“, sagte sie. Einfache Lösungen für komplexe Probleme gebe es nicht. Es gebe nicht den Italiener, den Deutschen und den Griechen. „Sobald wir in Stereotype verfallen, zerstören wir Europa.“

Auch Integration von Flüchtlingen sei „keine Einbahnstraße“. Diese müssten vieles lernen und seien „in den allermeisten Fällen“ dazu bereit, sagte Merkel.

Die Menschen in den Zielländern müssten sich jedoch auch in die Lage von Flüchtlingen versetzen. Für viele von ihnen stelle sich Deutschland gewiss als „sehr komisches Land“ dar, solange niemand ihnen erkläre, warum Dinge dort auf eine bestimmte Weise getan würden.

Quelle: welt

 

Schreibe einen Kommentar

Close